Neuartige Kreuzbandschraube aus künstlichem Knochenmaterial soll die Therapie von Kreuzbandrissen revolutionieren

Bremen /

BMBF-Projekt »HA-Schraube« mit einer Million Euro dotiert – Bremer Materialwissenschaftler erforschen mit Medizinern aus Bonn und Gießen den Einsatz biokeramischer Implantate

Wird bei einer Operation eine Titanschraube eingesetzt, heißt das bislang häufig: Zur Entfernung muss der Patient erneut operiert werden. Das könnte bei der Therapie von Kreuzbandrissen durch sogenannte Kreuzbandersatzplastiken bald Geschichte sein. Denn dank der Arbeit von Forschern der Universität Bremen und des Fraunhofer IFAM sowie Medizinern aus Bonn und Gießen sollen Unfallchirurgen und Orthopäden künftig erstmals in der Lage sein, bei solchen Kreuzbandoperationen Schrauben aus künstlichem Knochenmaterial zu verwenden. Diese soll der Körper vollständig abbauen können. Anders als übliche Schrauben aus Stahl oder Titan sind die neuen Kreuzbandschrauben aus Hydroxylapatit (HA).

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Rahmen der Förderrichtlinie »Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP« jetzt eine Million Euro für das Forschungsprojekt »HA-Schraube« zur Verfügung gestellt. Gut die Hälfte davon geht nach Bremen. Hier sind die Materialwissenschaftler vom Fachgebiet Keramische Werkstoffe und Bauteile der Universität Bremen und vom Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM an dem Forschungsprojekt beteiligt. Ihre Partner in dem Vorhaben sind Unfallchirurgen aus den Kliniken der Universitäten Gießen und Bonn. Aus über 900 Anträgen zur oben genannten Förderrichtlinie werden 180 gefördert. Das von den Bremer Forschern koordinierte Projekt ist das einzige, das vier Partner einbezieht und gehört damit zu den anspruchsvollsten Projekten.

Patienten schonen und Gesundheitskosten senken

Zum Hintergrund: Die Forscher haben sich zum Ziel gesetzt, heutige titan- und polymerbasierte Schrauben durch biokeramische Implantate auf der Basis von Hydroxylapatit zu ersetzen. Dieses Material entspricht in seiner chemischen Zusammensetzung nahezu vollständig dem anorganischen Hauptbestandteil des Knochenminerals. Er kann daher in den natürlichen Knochen integriert und in einer bestimmten Zeitspanne nach der Implantation durch diesen ersetzt werden. »Wenn wir dieses Ziel erreichen, würde dies einen gewaltigen Durchbruch für die Orthopädie und Unfallchirurgie sowie die Patienten darstellen und deutlich Gesundheitskosten senken«, hebt Medizin-Professor Ulrich A. Wagner von der Universität Bonn hervor.

Große materialwissenschaftliche Herausforderungen

Die Resorptionsrate wird durch die gezielte Beigabe von Siliziumoxid-Nanopartikeln erreicht. »Die materialwissenschaftliche Herausforderung besteht unter anderem darin, mit diesem Material die für den Einsatz der Schraube notwendige hohe Festigkeit zu erreichen« betonen die koordinierenden Wissenschaftler Dr. Kamen Tushtev und Professor Kurosch Rezwan aus dem Fachgebiet Keramische Werkstoffe und Bauteile der Universität Bremen. Zudem muss die optimale keramikgerechte Schraubengeometrie über aufwendige Computermodellierungen gestaltet und detailliert berechnet werden. Am Fraunhofer IFAM soll gleichzeitig soll die Spritzgusstechnik mit HA-Pulver für die Herstellung von Interferenzschrauben weiterentwickelt werden. »Der Spritzguss ist für eine Serienfertigung besonders gut geeignet; er hat den Vorteil geringer Kosten sowie einer hohen Designfreiheit. Auch ein komplexes dreidimensionales Implantat lässt sich so ohne jegliche Nachbearbeitung herstellen«, erläutert Dr. Philipp Imgrund. Anhand einer Prototypenserie wurde in gemeinsamen Voruntersuchungen bereits gezeigt, dass es gelingen kann, eine komplexe Schraubenform mit einer guten mechanischen Stabilität herzustellen. Die neuste Generation der zu entwickelnden Knochenschraube sollen Gießener Unfallchirurgen und Bonner Orthopäden in Studien an Tieren testen.

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